1992 Herbstkonzert

15. Herbstkonzert

am 21.11.1992 in der Stadthalle Metzingen

Wolfgang Amadeus Mozart
(1756 – 1791)
Arien und Duette aus Opern

Idomeneo

  • Ouvertüre
  • Arie des Idamante
  • Arie der Ilia
  • Duett der Ilia und des Idamante

Die Zauberflöte

  • Arie des Papageno
  • Arie der Pamina
  • Duett der Pamina und des Papageno

Ballettmusik „Les petits riens“ – Ouvertüre

Don Giovanni

  • Arie des Zerlina
  • Duettino des Don Giovanni und der Zerlina

Cosi fan tutte

  • Arie der Despina
  • Duett der Dorabella und der Fiordiligi
  • Duett des Guglielmo und der Dorabella
  • Arie der Despina
  • Arie des Guglielmo
  • Terzettino der Fiordiligi, der Dorabella  und des Don Alfonso
Solisten:
Megumi AdachiSopran
Werner RollenmüllerBariton
Anke SieloffMezzosopran
Dirigent: Hannes Schmeisser

Das diesjährige Herbstkonzert des Metzinger Kammerorchesters bringt acht Arien, fünf Duette und ein Terzett aus vier der großen Opern Mozarts, dazu eine Ouvertüre und Teile aus einer Ballettmusik.
Es würde den Rahmen eines Programmheftes übersteigen, wollte man den Inhalt der Opern auch nur kurz referieren und so die ausgewählten Nummern in den Fortgang der Handlung einordnen. Jede dieser Nummern ist ein in sich geschlossenes wunderbares Kunstgebilde, das auch aus dem Gesamtwerk herausgelöst seine Wirkung nicht verfehlen wird.
Zudem werden viele Hörer Bekanntes wiederbegrüßen, Erinnerungen an Opernbesuche werden sich einstellen und mögen in der Phantasie der Musik Kostüm und Bühnenbild hinzufügen. So können sich weitere Informationen auf Andeutungen beschränken.

Die Oper »Idomeneo« eröffnet in Mozarts Opernschaffen die Reihe der großen Opern.
Im Jahre 1780 erhielt der Komponist vom Münchener Hof den Auftrag, für das nächste Jahr die sogenannte »Karnevalsoper« zu schreiben. Als Textvorlage wurde die Bearbeitung einer französischen Fassung eines antiken Stoffes aus dem Umkreis der Sagen um den trojanischen Krieg gewählt; das Libretto schrieb der salzburgische Hofkaplan Giambattista Varesco.
Im November 1780 reiste Mozart nach München, um Proben zum l. Akt abzuhalten; bis Ende des Jahres ist die Partitur der gesamten Oper fertiggestellt. Aus den Monaten November und Dezember ist ein reger Briefwechsel Wolfgangs mit seinem Vater erhalten (33 Briefe!); Vater und Sohn erörtern darin immer wieder Probleme der Kompositionsarbeit und besonders der Textänderung. In den Briefen zeigt sich aber auch, dass sich Mozart der neuen Größe seiner Musik bewusst war. »… in meiner Oper ist Musick für alle Gattung leute – ausgenommen für lange ohren nicht« (16. 12. 1780).
Am 27. Januar 1781 – es ist Mozarts 25. Geburtstag – war die Generalprobe, zwei Tage darauf unter großem Erfolg die Premiere. Den Orchesterpart spielte das Mannheimer Orchester, das beste im damaligen Deutschland.
Die Ouvertüre ist eine wohlabgewogene Einführung in Stimmung und Charakter der Oper. Die mit schnellem Auftakt, dem sogenannten »neapolitanischen Schleifer«, beginnende Folge der im Fortissimo strahlend aufsteigenden Töne des D-Dur-Akkords führt wie in eine königliche Welt ein. Demgegenüber lassen Piano-Partien – zum Teil mit feinen Moll-Umwandlungen – Opfer, Hingabe, auch Schmerz und Klage vorausahnen. Etwas Besonderes dieser Ouvertüre ist es, dass sie nicht mit einem Forte schließt, sondern nach einer verkürzten Reprise in ein nachdenklich fragendes Piano ausklingt und so wie zögernd in die schicksalhafte Unentrinnbarkeit griechischer Tragödie hineinführt, mag auch am Schluss der Oper ein »Deux ex machina« Erbarmen zeigen.
Die ausgewählten Gesangsnummern lassen zwei Gestalten der Oper lebendig hervortreten: Idamante und Ilia.
Idamante ist der Sohn des Idomeneo, des Königs von Kreta; nach 10 Jahren Krieg gegen Troja ist der König endlich heimgekehrt, trifft nun den Sohn erwachsen wieder, müsste ihn aber eines Gelübdes wegen dem Poseidon opfern.
Ilia ist die Tochter des trojanischen Königs Priamos; sie wurde mit den anderen trojanischen Gefangenen von Idomeneo der heimkehrenden Kreterflotte vorausgeschickt.
Idamante und Ilia haben eine tiefe Zuneigung zueinander gefasst, die aber überschattet ist von dem tragischen Konflikt zwischen ihrer Liebe und dem Gebundensein an die Herkunft aus Völkern, die sich im Krieg als Feinde gegenüberstanden. Davon singen sie in ihren Arien und im Duett.

»Die Zauberflöte« ist wohl die bekannteste Oper Mozarts. Das Textbuch schrieb der erfahrene Theatermann Emanuel Schikaneder. Man hat das Libretto oft gescholten; aber es gilt immer noch, was einst Friedrich Hegel schrieb: »Wie oft kann man nicht … das Gerede hören, der Text der Zauberflöte sey gar zu jämmerlich, und doch gehört dieses Machwerk zu den lobenswerthen Opernbüchern.« Aus den verschiedensten Elementen baute Schikaneder »eine äußerst abwechslungsreiche, farbige und bühnenwirksame Handlung mit so viel märchenhafter Atmosphäre, dass alles Hinterfragen spätestens in der lebendigen Aufführung verstummt.« Dabei ist es natürlich hauptsächlich Mozarts Musik, die den Text zu diesem Erfolg führte. Er verstand es, den verschiedensten Elementen durch die Vielzahl der musikalischen Mittel ihre volle Wirkung zu geben. Das eigentliche Wunder der Partitur ist es, dass in ihr die verschiedensten Stile zu einer höheren Einheit zusammengeschlossen werden – von volksliedhafter Schlichtheit bis zur Strenge kontrapunktischer Satzweise und der Erhabenheit der Opera seria.
Im Frühjahr des Jahres 1791 begann Mozart mit der Komposition der Oper; die Vollendung der Partitur verzögerte sich, da Mozart den Auftrag erhielt, für Prag die Oper »La clemenza di Tito« zu schreiben. Die Uraufführung der Zauberflöte fand am 30. September 1791 in Wien im Theater auf der Wieden statt. Mozart dirigierte vom Flügel aus, Schikaneder sang die Rolle des Papageno. Der große Erfolg der Oper ist allein daraus zu ersehen, dass bis Ende November mehr als 30 weitere Aufführungen folgten. Mozart ist inzwischen schon schwer erkrankt, am 5. Dezember 1791 stirbt er.
Es wird erzählt, dass Mozart auf dem Sterbelager zwei Tage vor seinem Tode den Wunsch geäußert habe, die Zauberflöte noch einmal zu hören und dabei mit ganz leiser Stimme vor sich hin gesummt habe: »Der Vogelfänger bin ich ja …«
Mit dieser Arie der Selbstvorstellung des Papageno beginnt unsere Auswahl der Nummern aus der Zauberflöte. Es folgt das Klagelied der Pamina, das sie singt, als sie glaubt, aus dem Schweigen des geliebten Tamino schließen zu müssen, dass er sie nicht mehr liebe. Das Duett, das die gefangene Pamina und Papageno singen, ist ein Preisgesang auf die Liebe.

Über die Entstehung der Ballettmusik zur Pantomine »Le petits riens« wissen wir wenig. Mozart komponierte das Ballett in der schweren Zeit seines Aufenthaltes in Paris. Dort war auch die Uraufführung am 11. Juni 1778.
Mozart schrieb diese Musik für Noverre, den großen Reformator des Balletts, in der Hoffnung, durch dessen Vermittlung mit einem Kompositionsauftrag für die Große Oper betraut zu werden. Die Hoffnung schlug fehl; Mozart erhielt nicht einmal ein Honorar. In einem Brief an den Vater (9. Juli 1778) macht er seinem Ärger darüber Luft: »… ich will aber izt absolutement nichts machen, wenn ich nicht voraus weiß, was ich dafür bekomme, denn dies (die Ballettmusik) war nur ein Freundstück für Noverre.«
Die einzelnen Nummern der Ballettmusik sind »gleichzeitig mozartisch und sehr französisch…, und man wird in Mozarts Werk kaum etwas gallisch Pointiertes finden« (Alfred Einstein).

Die Entstehung der Oper »Don Giovanni« ist eine Frucht der begeisterten Aufnahme, die »Figaros Hochzeit« in Prag gefunden hatte. Dieser große Erfolg veranlasste den dortigen Theaterdirektor Bondini dazu, mit Mozart, der Anfang des Jahres 1787 in Prag weilte, einen Vertrag zu schließen, um 100 Dukaten für die kommende Spielzeit eine neue Oper für Prag zu schreiben.
Das Textbuch schrieb, wie schon zu »Figaros Hochzeit«, Lorenzo da Ponte; er soll es auch gewesen sein, der Mozart den Don-Juan-Stoff, der schon viele Bearbeitungen erfahren hatte, vorgeschlagen hat.
Im Sommer des Jahres 1787 arbeitete Mozart an der Partitur und diskutierte mit dem Librettisten Einzelheiten des Textbuches. Anfang Oktober reiste er mit Konstanze nach Prag, um die Uraufführung vorzubereiten. Diese fand am 29. Oktober im Ständetheater in Prag statt; in einer der zeitgenössischen Kritiken liest man: »Kenner und Tonkünstler sagen, dass zu Prag ihres Gleichen noch nicht aufgeführt worden. Hr. Mozart dirigierte selbst, und als er ins Orchester trat, wurde ihm ein dreymaliger Jubel gegeben, welches auch bey seinem Austritte aus demselben geschah.« Mozart vollbrachte mit seiner Musik das Wunder, dass die Geschichte der Affären und des Untergangs eines gewissenlosen Verführers zur erschütternden Tragödie des alle Grenzen missachtenden Herausforderens von Diesseits und Jenseits wird, eine Musik, durch welche im großen Finale des 2. Aktes »auch der Nüchternste bis an die Grenzen menschlichen Vorstellens, ja über sie hinaus gerissen wird, wo wir das Übersinnliche schauen und hören« (Mörike in »Mozart auf der Reise nach Prag«).
Die ausgewählten Nummern gehören zu einer Geschehenslinie, die abseits von dieser Steigerung ins Absolute liegt. Das Bauernmädchen Zerline ist die weibliche Kontrastfigur zu den adligen Damen um Don Giovanni. Am Tage ihrer Hochzeit mit Mansetto wird sie von diesem verführt. In ihrer Arie versucht sie den von Don Giovanni auch noch verprügelten Bräutigam durch die Versprechung ihrer Liebe zu trösten. Das Duett des Don Giovanni und der Zerline ist Teil der Verführung, in deren Fortgang das Bauernmädchen immer mehr in den Bann des skrupellosen Wüstlings gerissen wird.

Den Stoff für die Oper »Cosi fan tutte« soll eine wahre Begebenheit in der Gesellschaft des damaligen Wien geliefert haben. Lorenzo da Ponte machte daraus ein bühnenwirksames Libretto: Die zwei Schwestern Dorabella und Fiordiligi werden schwärmerisch von Ferrando und Guglielmo geliebt. Jeder ist absolut von der Treue seiner Braut überzeugt. Sie lassen sich aber von dem sich erfahren dünkenden Don Alfonso dazu bringen, diese Treue in einem verwirrenden Spiel einer Wette mit viel Verstellung und Verkleidung, mit Rollentausch und falschem Einsatz auf die Probe zu stellen; und Despina, das in Liebesdingen sehr freizügig denkende Kammermädchen der beiden Schwestern, mischt eifrig mit. So triumphiert Don Alfonso zwar mit einem eigentlich falschen Ergebnis; er versteht es aber auch, die rechte Ordnung am Schluss wieder herzustellen.
Was von Da Ponte wohl mehr als eine gesellschaftliche Farce gedacht ist, Mozart hat aus diesem Gemisch von Schein und Wirklichkeit, von Verstellung und Echtheit eine heitere, beseelte Oper gemacht, die uns über menschliche Schwächen lächeln lässt und in der aus dem Wirbel oft widerstrebender Gefühle immer wieder der Glanz wahrer Liebe hervorschimmert.
In unglaublich kurzer Zeit hat Mozart diese herrliche Musik geschrieben – für manche seine »scherzhafteste« und zugleich »lieblichste«(so. z. B. Nikolaus v. Nissen). Im August des Jahres 1789 beauftragte der Kaiser Joseph II. Da Ponte und Mozart, eine neue Opera buffa zu schreiben.
Vor dem Herbst dieses Jahres kann Mozart kaum mit der Komposition begonnen haben; schon am 26. Januar 1790 fand die Uraufführung im k. k. Hoftheater in Wien statt.
Der Reigen der ausgewählten Nummern, der nicht dem Geschehensablauf der Oper folgt, beginnt mit der Arie der Despina, die kundgibt, was man von der Liebe der Soldaten – ja aller Männer – zu halten habe. Es folgt ein Duett der Schwestern Dorabella und Fiordiligi, die nun doch bereit sind, dem Werben der »neuen« Liebhaber nach-zugeben; sie bekennen, welchen sie erwählt haben – und haben doch gerade den »falschen« gewählt. Im Duett des Guglielmo und der Dorabella erleben wir, wie der trügerische Tausch der Herzen vor sich geht.
Es folgen zwei Arien: Despina belehrt die beiden Schwestern, wie man’s machen müsse, um Männer zu betören. Guglielmo beklagt sich enttäuscht über den nun doch deutlich gewordenen Wankelmut der Frauen. Das Terzett der beiden Schwestern und des Don Alfonso beschließt den Reigen: Wind und Wellen und alle Elemente werden gebeten, die zu Schiff angeblich in den Krieg fahrenden Liebhaber wohlgesonnen zu geleiten.

»Mozart will ich um Verzeihung bitten, dass seine Musik mich nicht zu großen Taten begeistert, sondern mich zu einem Narren gemacht hat, der über ihm das bisschen Verstand verlor, das er besaß.«

Sören Kierkegaard

Megumi Adachi, Sopran

  • in Osaka / Japan geboren
  • Gesangstudium an der Musikhochschule in Kyoto
  • seit 1989 in Stuttgart, Opernschule und Liedklasse
  • Konzerte und Produktionen im Wilhelmatheater

zur Zeit singt sie die Titelrolle in Madame Butterfly am Stadttheater Bautzen/Sachsen.

Werner Rollenmüller, Bariton

  • geborgen in Augsburg
  • Gesangstudium am Leopold-Mozart-Conservatorium Augsburg
  • seit 1990 bei A. Treml in Stuttgart
  • seit 1991 in der Opernschule

Anke Sieloff, Mezzosopran