Konzert – Das Kammerorchester Metzinger: mit Tarkmanns »Die verlorene Melodie« als Familienkonzert in der Stadthalle
Tanzender Handschuh und hochnäsige Tasche
VON DAGMAR VARADY
Reutlinger General-Anzeiger vom 19.11.2019
METZINGEN. Wie unterschiedlich ein und dieselbe Melodie doch klingt, wenn sie von verschiedenen Instrumenten gespielt wird. Klangfarben wechseln, bringen ganz eigene Stimmungen mit sich, allerlei Assoziationen entspinnen sich. Auch und gerade in Kinderköpfen entstehen noch ganz spontane und fantasievolle Bilder, welche lediglich durch kleine Impulse angeregt zu werden brauchen. Der Komponist Andreas 14. Tarkmann hat gewiss ein Händchen dafür. In diversen Kompositionen für Kinder vermag er mit spielerischer und wohlklingender Musik derlei Bilder im Kopf entstehen zulassen.
Das Familienkonzert am späten Sonntagnachmittag in der Metzinger Stadthalle griff eines seiner Werke auf, »Die verlorene Melodie«, und lockte nicht nur junge Besucher an, sondern auch reichlich Erwachsene, welche sich aufmerksam in die Geschichte einer kleinen Geige versenkten.
Das Kammerorchester Metzingen war unter der Leitung seines Dirigenten Oliver Bensch mit Hingabe dabei, spielte beschwingt, sorglos und frisch. Bensch leitete mit großen, ausladenden Gesten und schalkhaftem Ausdruck, sodass bereits der Beginn munter aufblühte. Es entfalteten sich Klänge, ähnlich eines Kindes, das voller Tatendrang und Abenteuerlust durch die Gassen läuft.
Sprecherin Jasmin Bachmann
Mit Jasmin Bachmann als Sprecherin des Textes von Eberhard Streul hatte man einen denkbar guten Griff getan. Lebendig, unbefangen und in divergierender Sprechweise erzählte sie von der kleinen Geige, die mit einer verloren gegangenen Melodie vor einem Streit in ihrem Orchester flüchtet und auf dem Fundbüro abgegeben wird. Die kleine Geige mochte sich in diese Streiterei nicht fügen, das Publikum umso mehr.
Denn Tarkmann legt damit auf spielerische Weise eine kleine Instmrnentenkunde offen. Ob Holzblas-, Blechblasinstrument, Schlagwerk oder Geige: Jedes Mal waren andere Klangfarben mit dieser einen Melodie verwoben. Einprägsame Momentaufnahmen eines erkälteten Regenschirms, einer hochnäsigen Aktentasche oder der mit einem Pelzhandschuh tanzende Schlüsselbund zum Walzer rhythmus ergänzten die entzückende Geschichte. Die musikalischen Zutaten Tarkmanns unterstützten diese Szenen anschaulich und bildhaft, mit kleinen Einwürfen oder mit geräumigeren Etappen.
Beatrice Erhart spielte die kleine Geige graziös und gleichzeitig verspielt, während Daniel Sundy die Kontrabass-Großmutter verdeutlichte: Mit forschen Schritten streifte Sundy durch die Straßen, um die Enkelin zu suchen, welche derweil im Fundbüro die Melodie auspackte, um die anderen auf Abholung wartenden Dinge ein wenig zu erheitern.
Die Melodie gehört allen
Die Verständigung auf ein gemeinsames Besitzetrecht der Melodie brachte das Orchester schlussendlich zu einer friedlichen Einigung und das Konzert konnte als Abrundung mit den Klängen des Anfangs enden.
Dass der Komponist Tarkmann – zu Recht – seine Freude am Metzinger Kammerorchester hat, ist nicht nur an der mittlerweile wiederholten Zusammenarbeit erkennbar, sondern auch an seinem freudigen Antlitz beim Schlussapplaus, wobei das Publikum beglückt war, seine Anerkennung auch dem musikalischen Urheber bekunden zu dürfen. (GEA)