2010 Karibik Kritiken

Metzinger Konzertprojekt „Mit Beethoven in die Karibik“

Das Metzinger Gemeinschaftsprojekt wurde ein Riesenerfolg. Mit Beethoven ging es in die Karibik, aber auch ein gutes Stück voran – hin zu einer beispielhaft übergreifenden Zusammenarbeit im Musikbereich.

Metzinger Volksblatt, 11.05.2010

von Susanne Eckstein

Metzingen. Dieses Konzert mit dem flippigen Titel („Mit Beethoven in die Karibik“) zeichnete sich nicht nur durch musikalische Attraktionen aus, sondern auch durch die außergewöhnliche Kooperation zwischen Musik-Institutionen, die andernorts eher separat planen, proben und auftreten, wenn nicht gar scheinbar unüberwindliche weltanschauliche Gräben sie trennen: Kirchenchor, Blasmusik, „klassisches“ Ensemble, Musikschule und – soweit vorhanden – Solisten.

Da in Metzingen alle Klangkörper ein beachtliches Niveau erreicht haben, liegt ein Zusammenwirken eigentlich nahe – vorausgesetzt, man findet passende Noten, die Beteiligten können sich einigen und finden entsprechende Probemöglichkeiten.

Beim Einstudieren der Bläser halfen dann Heinrich Großmann und Ulrike Ziegler, den Chor präparierte Bezirkskantor Stephen Blaich, organisatorisch war der Veranstaltungsring Metzingen mit im Boot. Die Stadthalle platzte fast aus den Nähten. Etwa 70 Instrumentalisten unterschiedlichsten Alters und Herkommens zogen als noch namenloses großes Projekt-Sinfonieorchester unter Applaus auf die Bühne. Nochmals um die 40 Choristen, vorwiegend von der Metzinger Martinskantorei, postierten sich später daneben.

Ein so üppig besetztes, frisch aufgestelltes Orchester eignet sich für imposante, dabei nicht allzu anspruchsvolle Sinfonik. Den entsprechenden Auftakt bildete Glucks Ouvertüre zu „Iphigenie in Aulis“ in der Bearbeitung von Richard Wagner. Zwar kam das Werk trotz Oliver Benschs insgesamt dynamischer Leitung noch nicht so recht in Fluss, doch beeindruckte es durch kontrastreiche Dramatik und monumentale Wucht.

Als Herzstück, bei dem alle mitwirken konnten – Solo-Pianist, Chor und Sinfonie-Orchester wurde Beethovens sogenannte „Chorfantasie“ aufgeführt: eine jüngere Schwester der berühmten „Ode an die Freude“, eine Art Klavierkonzert mit Chor, für dessen Solopart der in Metzingen beheimatete, vielversprechende junge Pianist Maik Guo gewonnen werden konnte.

Er übernahm gemeinsam mit dem Dirigenten die Führung durch eine grandiose musikalische Phantasiereise, auswendig, stets tonschön und souverän, ließ den Klang des Flügels präludieren, singen, kraftvoll perlen und glitzern, leitete mit einem lupenreinen Triller über zu Marsch- und Solo-Episoden und zum Dialog mit den Celli, bevor der Chor mit seinem Part das Werk abrundete.

„Wenn der Töne Zauber waltet, muss sich Herrliches gestalten!“ dies wurde hier tatsächlich erlebbar, alle Mitwirkenden trugen hellwach und konzentriert zum harmonischen Zusammenspiel bei.

So richtig pompös durften auch die Rahmenstücke des zweiten Teils interpretiert werden: Jean Sibelius‘ „Finlandia“ und das sinfonisch angelegte Medley zu dem Film „Der Fluch der Karibik“. In beiden Werken kam die Schlagkraft der Perkussionisten und Blechbläser glänzend zur Geltung; die Basstuba sorgte mit den Fagotten für satte Tiefe, Wald- und Tenorhörner für eine sonore Mittellage, die Trompeten für triumphal blitzende Glanzlichter über dem seidigen Streicher-Teppich.

Als locker-leichtes Gegenstück standen drei nur mit Streichern besetzte Unterhaltungstitel des Amerikaners Leroy Anderson dazwischen, die das Publikum zum Mitsummen und – nach dem wunderbar witzig und präzis inszenierten Pizzicato-Stück „Plink, Plank, Plunk“ – zu begeistertem Jubel animierte, der auch am Ende die insgesamt bewundernswerte Gemeinschaftsleistung belohnte.