2003 Herbstkonzert

26. Herbstkonzert

am 22.11.2003 in der Stadthalle Metzingen

Joseph Haydn (1732 – 1809) Symphonie Nr. 42, D-Dur, Hob I:42
– Moderato e maestoso – Andantino e cantabile
– Menuet – Scherzando e presto –
Gerald Finzi (1901 – 1956) “Dies natalis” op. 8 – Kantate für Tenor und Streicher
– Intrada – Rhapsody – The Rapture – Wonder
– The Salutation –
Solist: Johannes Kaleschke, Tenor
Peteris Vasks (geb. 1946) “musica adventus” – für Sreichorchester
– Moderato – Adagio –
Wolfgang Amadeus Mozart
(1756 – 1791)
Sinfonia concertante für Violine, Viola und Orchester,
Es-Dur, KV 364
– Allegro maestoso –  Andante – Presto –
Solisten: Mathias Neundorf, Violine
Oliver Bensch, Viola
Leitung: Gereon Müller

Den Rahmen des diesjährigen Herbstkonzertes bilden zwei Werke der Wiener Klassik, dazwischen werden zwei selten gehörte Kompositionen des vergangenen Jahrhunderts aufgeführt.

Zu Beginn erklingt die Sinfonie Nr. 42 in D-Dur von Joseph Haydn, die 1771 entstanden ist.
Der erste Satz Moderato e maestoso folgt formal dem klassischen Sonatensatz, der zu Beginn zwei gegensätzliche Themen vorstellt. Im Verlauf des Satzes werden sie verändert, erweitert, variiert und in verschiedenen Tonarten miteinander konfrontiert. Die Kompositionskunst Haydns zeigt sich darin, dass er innerhalb der formalen Grenzen seinen ganz eigenen, leicht verständigen und kunstvollen Ton entwickelt.
Der zweite Satz Andantino e cantabile ist das lyrische Gegenstück zu dem prächtig feierlichen ersten Satz. Über weite Strecken ist er allein den Streichern anvertraut.
Der Allegretto überschriebene dritte Satz spiegelt die klassisch symmetrische Form mit der Folge Menuett – Trio – Menuett wider und ist der volkstümlichste Satz innerhalb der Sinfonie. Seine unmittelbare Abkunft von der Tanzmusik ist hier nicht zu verleugnen.
Das abschließende Finale Scherzando e presto ist ein beschwingtes Rondo, bei dem das Thema in wechselnder Instrumentation ständig wiederholt und variiert wird.

Die Kantate dies natalis von Gerald Finzi gilt als sein Meisterwerk. Sicherlich ist es sein persönlichstes Stück. Es entstand zwischen 1926 und 1939 und beruht auf Gedichten und Prosatexten von Thomas Traherne (1638 – 1674). Finzis friedlich fließende Musik zu analysieren hieße beinahe, ihr Gewalt anzutun, aber ebenso wäre es nachlässig, seine sensible Antwort auf die dem Text innewohnende musikalische Ebene unbeachtet zu lassen. Er scheint spontan die Worte mit Musik umhüllt zu haben. Es ist daher nur schwer vorstellbar, dass Finzi so viele Jahre für die Umsetzung seiner Ideen benötigte.
Die nur für Streicher gesetzte Intrada schafft eine Atmosphäre, in der die Schönheiten der Welt in kindlicher Unschuld bestaunt werden. Diese musikalische Idee durchzieht – mit Abwandlungen – die ganze Kantate.
Der zweite Satz Rhapsody mit dem Untertitel Recitativo stromentato zeigt besonders deutlich Finzis Talent der Textvertonung.
Dazu kontrastiert The Rapture (Danza), die Vertonung eines Gedichtes von Traherne, in raschem Tempo, bei dem die Engel in der St. March Church in Cambridgeshire Inspirationsquelle waren.
Die Stimmung der Rhapsody wird in Wonder (Arioso) wieder aufgenommen, wobei die Halbtonreibungen abgemildert werden.
Für das letzte Gedicht, The Salutation (Aria), findet Finzi ein Motiv, zwar Essenz der bisher erklungenen Melodienlinien, aber dennoch neu klingend und ausgezeichnet zur Suche des Kindes nach den Geheimnissen des Lebens passend. Ein derartiges Werk darf nicht in Schönrederei enden. Und so verläuft sich die Musik sanft in fallenden Septimen, im Unhörbaren immer weiter fließend. Es ist eine Komposition, die eine besondere Zuneigung beim Hörer zu erwecken vermag und Finzis eigene Worte ins Gedächtnis ruft: „Die Zuneigung, die ein Mensch nach seinem Ableben zurücklässt, ist vielleicht das Einzige, was seinem Werk das Weiterleben garantiert“.

Peteris Vasks wurde 1946 im lettischen Aizpute als Pfarrerssohn geboren, besuchte die Rigaer Musikfachschule, studierte in Vilnius und Riga und lebt heute in Riga als freischaffender Komponist. Vasks bevorzugt programmatische Titel für seine Werke, in denen neue Kompositionstechniken mit folkloristischen Elementen der lettischen Musik kombiniert werden und die sich mit einer tiefen Religiosität verbinden. Ebenso charakteristisch ist die starke Naturverbundenheit Vasks’, die jedoch nicht zu einer Verklärung naturhafter Klänge im romantischen Sinne führt. Es geht dem Komponisten eher um die ökologische Wechselbeziehung zwischen Mensch und Natur, auf deren Gefährdung er mit kompositorisch-abstrakten Mitteln hinzuweisen versucht.
Die 1997 uraufgeführte Komposition musica adventus, aus der heute zwei Sätze erklingen, geht zurück auf ein zwei Jahre zuvor entstandenes Streichquartett. Der erste Satz Moderato besteht aus zwei musikalischen Elementen, die sich im Verlauf des Satzes gegenseitig durchdringen. Das erste Motiv geht hervor aus dem Weihnachtshymnus „Vom Himmel hoch“, das zweite stellt den ruhenden und sich doch ständig verändernden Fluss der Zeit dar.
Der andere Satz Adagio stellt ein Thema vor, das dem Hörer wie eine Frage erscheinen mag; es entwickelt sich in zwei Wellen auf Höhepunkte zu, ohne dabei eine Antwort zu geben.

In der 1779 entstandenen Sinfonia concertante von Wolfgang Amadeus Mozart wetteifern zwei Soloinstrumente im Dialog mit dem Orchester miteinander. Dabei übernehmen sie abwechselnd die musikalisch-thematische Führung und werden vom Orchester unterstützt, ergänzt und begleitet: sehr feierlich im ersten Satz Allegro maestoso, dann mit wundervoll lyrischer Gesangslinie im Andante, die im Wechsel zwischen Solisten und Orchester in verschiedenen Variationen auftritt, ohne dabei ihre ursprüngliche Gestalt zu verlieren. Soloinstrumente, Streicher und Bläser spielen sich im Finalsatz Presto einander die Themen zu und vereinigen sich am Ende des Satzes zu einer fulminanten Schlusswirkung.

Johannes Kaleschke
Tenor

Jahrgang 1977, geboren in Speyer am Rhein, studierte  er zunächst Germanistik und Kunstgeschichte, bevor er sich zu einem Gesangsstudium an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart bei Prof. Bernhard Jaeger-Böhm entschloss.
Dieses Studium beendete er im Sommer 2002 und betreibt nun ein weiterführendes Aufbaustudium.
Daneben nahm er an Meisterkursen für Gesang teil, so bei Francisco Araiza, Bertold Schmid und James Wagner.
Mittlerweile zählen sämtliche Oratorien von Bach und Mendelssohn zu seinem Repertoire, aber auch Musik aus anderen Epochen wie der zeitgenössischen: unlängst war er in der St. Bach-Passion von Maurizio Kagel als Evangelist zu hören.
Im Bühnenfach konnte er ebenfalls erste Erfahrungen sammeln: bei den Ludwigsburger Schlossfestspielen, wo er in Carl Orffs „Der Mond“ zu hören war, oder am Kammertheater der Staatsoper Stuttgart, wo er in Bernhard Koenigs „Expedition zur Erde“ auftrat.
Eine rege Zusammenarbeit mit dem Vokalensemble des SWR sowie Konzertreisen ins In- und Ausland runden seine musikalische Tätigkeit ab.

Mathias Neundorf
Violine

Mathias Neundorf wurde in Stuttgart geboren. Mit 8 Jahren erhielt er seinen ersten Violinunterricht und studierte später bei Ricardo Odnoposoff an der Staatlichen Hochschule für Musik und darstellenden Kunst in Stuttgart.
Seine kammermusikalische Ausbildung erhielt er vom Melos-Quartett, vom Amadeus-Quartett sowie von Sandor Zöldy (Vegh-Quartett) und dem LaSalle-Quartett.
Von 1980 bis 1987 war er Primarius des Stuttgarter Streichquartetts und Mitglied des Württembergischen Klaviertrios. Seit 1991 ist er Mitglied des Stuttgarter Oktetts und seit 1996 Primarius des Neuen Stuttgarter Streichquartetts.
Neben dem klassisch-romantischen Repertoire, das er im In-und Ausland in Orchesterkonzerten und Recitals sowie in den verschiedensten Kammermusikformationen spielt, widmet er sich auch der neuen Musik. Er spielt auf einer Violine von Andreas Guarnerius, Cremona, aus dem Jahre 1680.
Preise: 2. Preis beim internationalen Wettbewerb „Palma d’oro“ 1991 in Finale Ligure/Italien.
Karl-Klingler-Preis 1981.
Prix de la Presse 1981.
Bundesauswahl Konzerte junger Künstler 1982/1983 Solistische Tätigkeiten auch in Fernost.
Zahlreiche Rundfunkaufnahmen.

Oliver Bensch
Viola

Seit dem achten Lebensjahr Geigenunterricht, u.a. bei Rudolph Theby und Roman Nadel.
Von 1986 – 1990 Violinstudium und Diplom bei Oscar C. Yatco an der Hochschule für Musik und Theater in Hannover.
Von 1990 – 1999 breitgefächerte Tätigkeit als Geiger: Im Kammerorchester „fonte di musica“ wie auch im gleichnamigen Streichquartett.
Teilnahme u.a. an Festivals in Bad Hersfeld, Millstatt, Bregenz und Salzburg.
Studioarbeiten und CD-Produktionen von Klassik bis Pop u.a. mit Elisabeth Moser und Randy Crawfort.
Außerdem Bühnen- und Theatermusik an den Staatstheatern Hannover, Braunschweig, Innsbruck u.a.
Konzertmeister und Gründer des Orchesters „opus 7“ (NRW).
Seit 1996 intensive Beschäftigung mit der Viola und deren Solo-, Kammermusik- und Orchesterliteratur.
Von 1999 an ausschließlich als Bratscher konzertierend tätig.
Dirigent des Jugendsinfonieorchesters und Lehrer für Violine und Viola an der Jugendmusikschule Freiberg/Neckar.
Ab dem Jahr 2000 bis 2002 Dirigierausbildung und Abschluss bei Gudni A. Emilsson an der Musikhochschule Trossingen.

Gereon Müller
Dirigent

Der 1968 geborene Gereon Müller erhielt seine ersten musikalischen Impulse als junger Sänger bei den Schwäbisch Gmünder St. Michael-Chorknaben. Der Instrumentalunterricht bei der Cellistin Dagmar Steiff ermöglichte das frühzeitige Mitwirken in verschiedenen Kammerensembles und Sinfonieorchestern.
Schon während des Studiums an der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart mit Kursen von Violoncello, Chorleitung, Orchesterleitung und szenischem Musizieren wirkte er mit als Chor- und Orchesterleiter sowie als musikalischer Leiter zahlreicher Musiktheaterproduktionen. Zusatzstudium Philosophie und Germanistik. Weiterbildung auf dem Gebiet der Chor- und Orchesterleitung, Hospitationen und Meisterkurse bei Frieder Bernius, Prof. Peter Michael und Helmut Rilling.
Freischaffende Tätigkeit mit verschiedenen Vokal- und Instrumentalensembles: musikalische Leitung des „Ensemble Zementwerk“ mit dem Schwerpunkt zeitgenössische Musik und Musik des 20. Jahrhun­derts, musikalische Leitung des Kammerorchesters Metzingen, Konzertprojekte mit dem Philharmonia Chor Stuttgart, musikalische Assistenz beim Chamber Choir of Europe.
In der Saison 2000/2001 freischaffend als Chorleiter und musikalischer Assistent an der Jungen Oper des Staatstheaters Stuttgart.